Filmrisz / Rigaer Straße 103

Filmrisz / Rigaer Straße 103

Es erinnert an sagenhafte Vorzeiten: Das Haus Rigaer Straße 103 wurde von zwei Brüdern besetzt, einer übernahm das Vorderhaus, der andere das Quergebäude.
Im Seitenflügel wohnten noch normale Mieter. Das Gebäude war stark verfallen. Aus dem ersten Stock konnte man in die Räume des heutigen „Lauschangriff“ sehen.
Bald zogen in das Vorderhaus verstärkt junge ehemalige Mitarbeiter*innen des DDR-Fernsehens, die Ideen für Filme und Veranstaltungen hatten. Der Name ihres gegründeten Eisenstein e. V., des berühmten sowjetischen Filmregisseurs, zeigte eine künstlerische Perspektive auf und hatte auch gestalterische Konsequenzen: bevorzugte Elemente sind Eisen und Stein.
Zunächst gab es noch „richtiges“ Kino im „Filmrisz“: Zwei 35-Millimeter-Projektoren ratterten im Gastraum. Sie waren so laut, dass man den Ton kaum verstand. Später wechselte man zu einem 16-Millimeter-Projektor. Als die ersten Beamer aufkamen, wechselte man auf Video und DVD. Es wurde auch immer schwieriger, neue Filme in 35- und 16-Millimeter-Format aufzutreiben. Geplant war, die Kosten für das immer teurer werdende Filmequipment durch Einnahmen des „Filmrisz“zu bestreiten.
Im „Lauschangriff“ befand sich zunächst ein professionelles 16-Millimeter-Filmschneidestudio und ein Fotolabor. Aus den Schnittplatzräumen wurde ein Versammlungsort für Quer- und Vorderhausvereine, um dort die Hauserwerbspläne zu besprechen und kurz ein Klamotten- Secondhand, das „Jersey“.

Axt und Sichel, das Logo des Filmrisz in der Rigaer Str. 103.
Axt und Sichel, das Logo des Filmrisz in der Rigaer Str. 103. Foto: PlaceboKatz

Filmrisz

Mit dem Kauf durch eine Gruppe von Bewohner*innen, die dafür eine Gesellschaft gegründet hatten, konnte das Haus legalisiert werden. Nicht alle beteiligten sich. Manche in der Szene warfen den Bewohnern vor, angesichts der Tatsache, dass die meisten Häuser noch keine Verträge hatten vor, unsolidarisch gehandelt zu haben.
Doch war auch der „Filmrisz“ von Fascho-Überfällen betroffen und wurde gemeinsam mit Bewohner*innen andere Häuser verteidigt.

Filmrisz im Lockdown, Dezember 2020 Foto: Zeitzeiger
Filmrisz im Lockdown, Dezember 2020
Foto: Zeitzeiger

Heute gehören „Filmrisz“ und „Lauschangriff“ zu den alteingesessenen aber nicht etablierten Kneipen, die der Rigaer Straße ihr besonderes Gepräge geben. Noch immer finden wöchentlich Filmvorführungen statt, mitunter auch Konzerte und Lesungen. Das Filmrisz-Team organisiert seit Jahren eine Kältehilfe und gibt Wohnungslosen in der kalten Jahreszeit Obdach.

Nicht ohne Axt und Sichel. Werbung des Filmrisz.
Nicht ohne Axt und Sichel. Werbung des Filmrisz.

Das monatlich erscheinende Stadtteilmagazin Friedrichshainer Zeitzeiger wurde hier 2015 gegründet.

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