ACUD Galerie

ACUD – Gründung vor 30 Jahren

Die Idee, eine eigene Galerie zu gründen, hatten die vier Freunde, Andreas Muschter, Claudia Wasow, Ullrich Wasow und Dinah Busse, schon im Sommer 1989 in Ost-Berlin und erfanden zu dieser Zeit schon den Titel aus den vier Anfangsbuchstaben ihrer Vornamen Galerie ACUD. Längst vor der Maueröffnung waren die vier, jeder auf seine Weise, ausgestiegen aus der offiziellen Gesellschaft, dem un(ge-)rechten Staatssystem und lebten sowohl in der „normalen“ als auch in einer Parallelwelt, die sich seit langem schon mehr und mehr Raum erobert hatte. Die gesellschaftlichen Umbrüche der folgenden Monate ließen die Idee zu einem festen Entschluss heranreifen und kurz nach dem 9. November 1989 wurde die Galerie-Idee in die Praxis umgesetzt. In der Rykestraße 13 wohnte A. im Hinterhaus im 3. Stock und wie überall gab es im Prenzlauer Berg viel Leerstand. Zwei dieser baufälligen, desolaten KWV-Wohnungen befanden sich ein Stockwerk darüber, davon wusste A. Eine Galerie im Hinterhaus, im vierten Stock, mit bröckelnder Fassade? Das ist nicht gerade eine 1A-Adresse für eine Galerie. Aber gerade diese Räume boten ideale Voraussetzungen für das Vorhaben der jungen Leute: D. war selbst Künstlerin und malte aus Passion, während sie ihre Brötchen als Garderobiere im Theater verdiente. C. und U. schneiderten Klamotten für Märkte und A. war in der Kunst- und Musikszene unterwegs. Zu ihnen gesellte sich bald Andreas Münstermann, freischaffender Fotograf, der selbst in der Straße wohnte. Und ein Unrechtsbewusstsein stellte sich bei keinem der Akteure ein, dazu hatte man zu lange auf den „Befreiungsschlag“ im freien Denken und Handeln warten müssen. Nachdem sich die Türen „leicht öffnen“ ließen, wurden die Räume in den folgenden Wochen von nichttragenden Wänden befreit und hochmotiviert und in einem gemeinsamen Akt rasend schnell hergerichtet: entrümpelt, verputzt, gemalert und mit Lichtspots und einer kleinen Theke ausgestattet. Am Eingang vorne an der Straße wurde kurzerhand mit weißer Farbe der Schriftzug ACUD (mit umgedrehtem „D“) angepinselt und weiße Pfeile bildeten das Wegeleitsystem über Hof und Treppenhaus. Das Wichtigste: Künstlerkontakte und Ausstellungsvisionen bestanden viele und so bildeten die Fünf eine Jury, die sich über die Ausstellungspläne der nächsten Wochen und Monate gemeinsam beriet.
Der Eröffnungstermin, am 31.12.1989, der Silvesternacht des Mauerfall-Jahres, sollte ein Volltreffer werden, zur ersten Ausstellung mit Bildern von Clemens Wallrodt, fast ausschließlich durch Mundpropaganda und wenige A4-Plakate an Hauswänden beworben, wurden über 200 Galeriebesucher gezählt – aus Ost und West! Als eine der ersten Galerien in Ost-Berlin erlangte die Location eine gewisse Bekanntheit unter Interessierten und bekam auch Aufmerksamkeit in der Presse und in Kunstzeitschriften. In den kommenden Monaten – bis zum Spätsommer 1990 – wurden ca. sieben Kunst- Ausstellungen realisiert, darunter Malerei, Grafik, Collagen, Fotografie, Plastik, Performances Berliner und internationaler Künstler, z.B. aus den Niederlanden, Russland. D.B. und A.M. hatten jeweils eigene Einzelausstellungen. Knapp ein Jahr blieb die Galerie ACUD in der Rykestraße 13, bevor sich andere Mitstreiter anschlossen und der daraufhin gegründete „Alternative Kunstverein ACUD e.V.“ im November 1990 ein Haus in der Veteranenstraße 21 fand, wo es die Nachfolge- Galerie, neben Kino, Theater und Konzertsälen noch heute gibt.

Claudia Wasow-Kania

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