Wagenburgleben

Wagenburgen bestehen seit dem Beginn der 1980er Jahre.

An Plätzen, die bauplanerisch nicht verwertet werden konnten, wurden sie zumeist geduldet. Das änderte sich jedoch spätestens, als man sich in Berlin nach der Deutschen Einheit an der Vorstellung berauschte, Weltstadt zu werden.
Gängige Konzepte folgen einer simplen Logik: Grund und Boden wird meistbietend an Investoren verkauft, diese belegen die Flächen mit Gebäuden, die wiederum gut betuchte Konsumenten nutzen. Fertig ist die Weltstadt. Interessant ist, dass Politikerinnen und Politiker zur Begründung derartiger Konzepte auch Begriffe wie demokratisch, weltoffen oder gar pluralistisch ins Feld führen, obwohl ihre Konzepte dies genau nicht sind. Alternative Stadtbaukonzepte, die sozial und ökologisch sind, die Individualität und Kreativität zulassen und auch Menschen mit geringem Einkommen einen Platz bieten, zu leben, zu arbeiten und Kultur zu erfahren, sind nicht Teil dieser Konzepte.

Wenn es darum geht, LKW, Anhänger, Equipment oder Gulaschkanonen zu bewegen, dann sind Wagenburgler erste Adressen. Häuser-Fest auf dem Boxi, 1993. Foto: Marco Krajič
Wenn es darum geht, LKW, Anhänger, Equipment oder Gulaschkanonen zu bewegen, dann sind Wagenburgler erste Adressen. Häuser-Fest auf dem Boxi, 1993.
Foto: Marco Krajič

Prompt gelang es auch, Konflikte zu schüren, angeblich ästhetische und Gründe der Hygiene zu instrumentalisieren, um die Bewohnerinnen und Bewohner von Wagenplätzen zu diskreditieren.
Trotz zahlreicher Räumungen von Wagenburgen in den letzten Jahren und Jahrzehnten, gelang es nicht, diese Lebensform aus der Innenstadt zu vertreiben.

Wagenburgen in Berlin. Zusammen sein ohne irgendwo für Eintritt und Getränke zahlen zu müssen: Wagenburgler*innen an der Spree. Umbruch-Archiv
Wagenburgen in Berlin. Zusammen sein ohne irgendwo für Eintritt und Getränke zahlen zu müssen: Wagenburgler*innen an der Spree.
Umbruch-Archiv

Ähnlich wie die Lebensweisen in besetzten oder exbesetzten Häusern mit Verträgen, ist das Leben im Wagen als eine eigene authentische Lebenskultur anzusehen, die Teil der Stadt ist und diese bereichert. Weil es unterschiedliche Formen von Wagenplätzen gibt, die alle ihre eigene Genese haben, existieren auch unterschiedlichste Ausprägungen des Wagenburg-Lebens.

Unschlagbar – das Leben im Wagen. Eine sympathische Selbstdarstellung. Leihgabe: Kollektiv-Bibliothek
Unschlagbar – das Leben im Wagen. Eine sympathische Selbstdarstellung.
Leihgabe: Kollektiv-Bibliothek
Von Wagenburgler*innen errichtet: Eine weithin beachtete Ausstellung im Kreuzbergmuseum 2008. Sie warb für das Verständnis der Stadtbewohner für die Lebensweise in Wagen. Leihgabe: Kollektiv-Bibliothek
Von Wagenburgler*innen errichtet: Eine weithin beachtete Ausstellung im Kreuzbergmuseum 2008. Sie warb für das Verständnis der Stadtbewohner für die Lebensweise in Wagen.
Leihgabe: Kollektiv-Bibliothek

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